Mit spitzer Feder …
Wir googlen, was wir brauchen, und leben dann, hoffentlich top, cool und easy, mit Shopping, Recycling, Sound, Highlights und mitunter sogar mit Bodyguard, nutzen Computer, Laptop, E-Mail, mögen Surfboards, Party, Lifestyle, Talkshow, Airlines, Events, Casting, Bowling, Fitness; der Manager des Teams gibt uns Workaholics ein Feedback; wir verabreden uns online zum One-Night-Stand, und hinterher relaxen wir. Bullshit, Business, Bodyguard: In unseren Zeitungen machen sich immer mehr aus dem Englischen eingewanderte Wörter breit. Die meisten solche Amerikanismen sind unverständlich, und sie sind oft auch unnötig, denn es gibt in vielen Fällen eine deutsche Vokabel, die man stattdessen benutzen kann. Doch diese englischen Lehnwörter haben sich fest eingenistet, ja gerade etabliert – besonders bei der jüngeren Generation. Darum: Es ist zu spät – gegen englische Begriffe kämpfe ich nicht mehr an – auch wenn ich lieber ein geradezu lateinisch altmodisches Mobiltelefon als ein Handy in der Hand halte. Auch bei mir haben sich diese lästigen «Fremdwörter» teilweise eingeschlichen – oftmals realisiere ich es im ersten Augenblick gar nicht und ärger mich danach über mich selbst. Besonders ärgerlich sind Anglizismen. Darunter versteht der Sprachwissenschaftler ein sprachliches Muster, das aus dem Englischen übernommen wurde und auf den ersten Blick gar nicht unbedingt als englisch zu erkennen ist. Eine Redewendung wie «Der frühe Vogel fängt den Wurm» zum Beispiel ist ein Anglizismus. Er entstand durch Übersetzung aus dem Englischen («The early bird catches the worm») und kommt nun als scheinbar deutsche Weisheit daher. Die deutsche Entsprechung lautet nämlich ganz anders: «Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.»
Die englischen Lehnwörter scheinen ständig mehr zu werden. Englisch ist gerade über unsere Smartphones, im Alltag «sehr präsent». Englisch ist auf Youtube, Instagram, Tiktok und Twitter der sprachlich gemeinsame Nenner, der eine möglichst grosse Verständlichkeit verspricht. Gerade junge Userinnen und User entwickeln ihre eignen Begrifflichkeiten, mit denen sie sich sprachlich von älteren Generationen absetzen. Auch das digitale Daten hat eine Reihe neuer Wörter ins Deutsche gebracht. Wir swipen, werden geghostet oder matchen jemanden.
Nein, eine Sprachpolizei wird uns nicht retten. Aber ich möchte dafür werben, dass wir auf sinnfreies Scheinenglisch verzichten und stattdessen immer noch sinnvollere deutsche Wörter entdecken. Denn ich liebe die deutsche Sprache. Sie ist sehr facettenreich und präzise und kennt viel mehr Wörter als das Englische. Sie verbindet mich mit meiner Kultur, gibt mir eine Identität und Heimatgefühl. Als alte Lateinerin hat mich die Herkunft und Entstehung der deutschen Sprache, die Zusammensetzung und ursprüngliche Bedeutung der Wörter schon immer fasziniert. Als Kind einer Lehrerin und eines Juristen herrschte bei uns immer eine strenge Sprachkultur, um die ich heute noch dankbar bin. Die Kommunikation wird immer wichtiger. Essenziell ist es dabei wie man jemandem etwas mitteilt, entsprechend ist der Umgang miteinander. Eine schöne, sorgfältige Sprache, das Flirten mit den Begriffen liegt mir daher im Blut, gehört zu meinem Charakter und macht mir grosse Freude. Sich schön und edel auszudrücken, macht selbstsicher und zufrieden und löst mit 99-prozentiger Wahrscheinlichkeit eine positive Reaktion beim Gegenüber aus. Die sprachliche Distanz hilft auch mit Gefühlen, Emotionen und Stress besser umzugehen. Deshalb hegen und pflegen wir doch unsere schöne deutsche Sprache, denn Anglo-Manie ist Bullshit und verwässert nur unsere Kultur.
Herzlichst,
Ihre Corinne Remund
Verlagsredaktorin