Renault Arkana – In der Spur der Grossen

    SUV-COUPÉ – Nach Russland und Asien kommt der Renault Arkana jetzt endlich auch nach Europa. Damit wird die Karosserieform des SUV-Coupé, die bisher dem ­Premiumsegment vorbehalten war, auch für die breite Masse erschwinglich.

    (Text: Calvin Leutwyler, Bilder: Lorenzo Fulvi) Die schimmernde Farbe Valencia-Orange ist nur für die R.S. Line ­erhältlich. Beim Look-Paket sind Dach und Spoiler schwarz lackiert.

    Samsung XM3, sagt Ihnen das etwas? Nein, es handelt sich dabei nicht um ein neues Smartphone, sondern um das Gegenstück des Renault Arkana auf dem asiatischen Markt. Seit dem Frühjahr 2020 ist das SUV-Coupé auf der anderen Seite des Globus erhältlich. Und dabei ist es keineswegs ein Zufall, dass der Arkana von der südkoreanischen Renault-Tochter Samsung Motors produziert wird.

    Anders als der russische Arkana, der auf dem Fahrgestell des Dacia Duster basiert, baut diese europäische Version auf der CMF-B-Plattform auf, die auch schon für den Captur und den Clio verwendet wird. Wie wir schon bei der ersten Begegnung mit dem Renault Arkana schrieben (s. AR 28–29/2021), fühlt sich das Fahrzeug auf der Strasse wohler als im Gelände. Trotzdem will der Arkana mit dem Stil und der Dynamik eines Coupés sowie der Bodenfreiheit und dem Platzangebot eines SUV sämtliche Erwartungen erfüllen. Gelingt ihm das?

    Überzeugender Antriebsstrang
    Renault ist stolz darauf, als erster Volumenhersteller in Europa ein modisches SUV-Coupé anzubieten. Wer diese Form schätzt, wird derzeit kaum ein günstigeres Fahrzeug finden, der Basispreis beginnt schon bei 31’800 Franken. Da es aber darum geht, den europäischen Renault Arkana in Richtung Premiumsegment zu positionieren, haben wir uns entschieden, die teuerste Version zu testen, die allerdings auch bereits bei 38 500 Franken startet. Unser Testmodell ist mit dem R.S.-Line-Outfit, dem Zwölf-Volt-Micro-Hybridmotor und dem Multimodus-Automatikgetriebe mit Klauenkupplung ausgestattet.

    Ab Start wird das SUV wie gehabt elektrisch durch die 1.2-kWh-Batterie betrieben. Das sorgt für mehr Fahrkomfort, sowohl was Dynamik als auch was Akustik angeht. In der Tat ist die Agilität, für die der elektrische Antrieb sorgt, spürbar, zumal der Vierzylinder nicht mehr so stark gefordert ist. Bei niedrigen und konstanten Geschwindigkeiten ist das Fahren ohne CO2-Emissionen über kurze Strecken keine Utopie, auch wenn in der Realität der Verbrenner schon bald die Regie übernimmt. Der über eine Taste anwählbare rein elektrische Fahrmodus ist nur unter Optimalbedingungen verfügbar. Dennoch sind die Übergänge zwischen den genutzten Energien fliessend, abgesehen von ein paar Rucklern. Insgesamt hat Renault beim Motor und beim Getriebe gute Arbeit geleistet, Sportlichkeit sollte man trotz des Aussehen allerdings nicht erwarten. Der 1.6-Liter-Motor neigt dazu, etwas gar angestrengt zu wirken, wenn man zu stark aufs Gaspedal tritt. Dennoch bleibt die Leistung in der Stadt völlig ausreichend und auf der Autobahn ganz ordentlich.

    Was das Fahrverhalten betrifft, so verfügt Renault natürlich über viel Know-how, das auch an Bord des Arkana zu spüren ist. Etwas zu schnell durchfahrene Kurven führen dagegen zum Schieben über die Vorderachse, was bei unserem Modell durch die Winterreifen vermutlich noch verstärkt wird. Die Abstimmung der Dämpfer erweist sich als recht straff, ohne jedoch dass sie Insassen zu sehr quält. Schliesslich dürfte die Lenkung direkter sein, aber man sollte nicht vergessen, dass das Fahrzeug eher dynamisch als sportlich ist.

    Einige wenige Mängel bei der Ausstattung und Ergonomie können die gelungene Atmosphäre an Bord nicht trüben. Ein Pluspunkt für die Sicherheit: Der Abstand zum voraus­fahrenden Fahrzeug wird im Cockpit angezeigt. Der Schalthebel ist nicht mechanisch mit dem Getriebe verbunden (Shift-by-wire). Der Kofferraumboden ist verstellbar.

    Viel Platz trotz eleganter Linie
    Die Gefahr bei dieser R.S.-Line-Ausstattung ist in der Tat, dass man sich von der äusserlichen Sportlichkeit blenden lässt. Überall finden sich rote Akzente – an den Rädern über die Gurte bis hin zum Armaturenbrett. Auch die Dekorelemente aus Karbonimitat und die Pedale aus Aluminium tragen zu dieser Wirkung bei. Insgesamt fasst sich das Interieur dank Leder und Wildleder an den Sitzen und des Schalthebels aus Metall angenehm und hochwertig an und wirkt dabei zugleich robust. Die Bedienelemente für die Klimaanlage sind physisch und einfach in der Handhabung. Allerdings lässt die Ergonomie in anderen Bereichen etwas zu wünschen übrig. So hätten wir uns zum Beispiel eine Handauflage unter dem 9.3 Zoll grossen Touchscreen gewünscht, und einige Testfahrer bemängelten, dass sich die Bedieneinheit des Radios wie bei Renault üblich unter dem Lenkstockschalter für den Scheibenwischer befindet. Ausserdem funktioniert das Infotainmentsystem in manchen Bereichen nicht sonderlich intuitiv und war etwas hakelig.

    Trotz seines coupéartigen Aussehens ist der Renault Arkana aber ein SUV. Die Frage des Platzangebots ist daher eines der entscheidenden Kriterien beim Kauf eines solchen Modells. Renault ist es gelungen, im Arkana viel Platz zu schaffen, fast so viel wie bei SUV-Coupés der höheren Segmente. Das bedeutet, dass auch Menschen mit einer Grösse von mehr als zwei Metern im Fond ausreichend Platz vorfinden. Im Kofferraum, der einen verstellbaren Ladeboden besitzt, ist ebenfalls genügend Raum vorhanden. Am hinteren Ende der Heckscheibe beträgt die lichte Höhe nur 43 Zentimeter (56 Zentimeter bei abgesenktem Boden), weiter zur Wagenmitte hin nimmt sie jedoch deutlich zu. Die maximale Ladelänge von mehr als zwei Metern bei umgeklappter Rückbank sollte in den meisten Fällen ausreichend sein. Lediglich die Form der Kofferraumöffnung und die hohe Ladekante erschweren den Zugang ein wenig. Ausserdem verringert die Hybridbatterie das Raumangebot zusätzlich, jedoch bleibt immer noch genügend Platz, um entspannt in die Ferien zu fahren. Der einzige Nachteil ist, dass die Sitze nicht sonderlich bequem sind und sich die Neigung der Sitzfläche nicht einstellen lässt.

    Effiziente Assistenzsysteme, aber …
    Der Arkana ist mit einer Reihe von Fahrhilfen ausgestattet. Bei der R.S.-Line-Variante sind alle diese Funktionen serienmässig mit an Bord, mit Ausnahme des optional verfügbaren autonomen Fahrens der Stufe 2. Sämtliche Assistenzsysteme funktionieren im Allgemeinen gut, obwohl es in einigen Bereichen auch Ausreisser gab. Der Spurhalte­assistent beispielsweise lässt den Wagen sich etwas zu sehr den Fahrbahnrändern nähern, bevor er den Fahrer vor dem Verlassen der Spur warnt. Besonders in Baustellenbereichen werden die Linien oftmals gar nicht erkannt. Der Einparkassistent parkiert das Fahrzeug selbständig ein, allerdings steht es am Ende etwas schief und ein wenig zu weit links in der Parkbucht, was aber keineswegs dramatisch ist.

    Kommen wir abschliessend noch auf den Treibstoffverbrauch zu sprechen. Dieser wird mit 5.0 l/100 km angegeben, wir haben auf unserer AR-Normrunde mit 5.3 Litern einen nur unwesentlich höheren Wert gemessen. Damit vermag der Renault auch in dieser Disziplin zu überzeugen. Nebst seinem attraktiven Aussehen bietet der Arkana jede Menge Platz und all dies zu einem guten Preis. Wer kann das überbieten? Pläne anderer Volumenhersteller für SUV-Coupés sind jedenfalls reichlich vorhanden.

    AUTOMOBIL REVUE


    The Car of the Year 2022

    Der Renault Arkana ist eines von 39 nominierten Autos für den Car of the Year Award, den die AUTOMOBIL REVUE mitorganisiert. Der Gewinner wird im Februar 2022 verkündet.

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